Der Nürnberger Prozess

Aufklärung gegen das Vergessen

Diese Verbrechen werden in der Dokumentation gemäß den damaligen Haupt-Anklagepunkten der Alliierten in drei Kapiteln geschildert:

  1. Verbrechen gegen den Frieden
  2. Kriegsverbrechen
  3. Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Zu Beginn wird jedoch erst einmal der Aufstieg Adolf Hitlers und seiner „Parteifreunde“ vom kleinen Haufen aus größtenteils gescheiterten Existenzen zur einzigen Macht im Deutschen Reich skizziert. Wie konnte es zu einer derartigen Machtbündelung kommen, wer hat still gehalten und wer geholfen?

Wir sehen und verstehen einerseits deutlich den unbedingten Machthunger der NSDAP, personifiziert in Adolf Hitler und seinem inneren Zirkel aus Göring, Goebbels sowie Himmler und anderen, aber auch die im geschichtlichen Zusammenhang nicht unwichtigen Beteiligten anderer Parteien und Gruppierungen, die – teilweise aus gutem Willen heraus – falsche Schlüsse zogen und den Fehler machten zu glauben, man könne die Nazis durch Beteiligung an der Regierung im demokratischen Zaum halten.

In diesem Rahmen spart die Dokumentation aber auch nicht an kritischen Informationen zur Haltung insbesondere Großbritanniens, was in folgendem Churchill-Zitat mündet: „Wir hatten die Wahl zwischen Schande und Krieg. Wir wählten die Schande und werden den Krieg bekommen.“ Die zu zögerliche Haltung und die Angst der europäischen Nachbarstaaten vor einem Krieg (der damals vielleicht kein Weltkrieg geworden wäre) hat diese Entwicklung wohl mit begünstigt (wobei klar sein sollte, dass es hierbei nicht um die Schuldfrage geht!).

Im weiteren Lauf der Dinge geht die Dokumentation auf die Anklagepunkte ein. Im Zusammenhang mit der jeweils angeklagten Tat werden verschiedene Angeklagte näher beleuchtet und deren Teil-Verantwortung belegt. Hier arbeitet Sjobergs Dokumentation mit den damals in Nürnberg gesicherten Original-Filmaufnahmen, die teilweise aus Nazi-Beständen stammten. Fassungslos verfolgten die Mitglieder des Komitees und des Gerichts die aufgenommenen Schandtaten der Nazis und unterstützen somit ihre Anklagen.

Die insbesondere im Rahmen des Anklagepunktes „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ gezeigten Ausschnitte und Originalaufnahmen nehmen den größten Teil ein und sind harter Tobak. Dem Thema und Ausmaß der Untaten angemessen wird nicht weggeschnitten oder abgeblendet. Sieht man sich die Bilder von Leichenbergen in den Konzentrationslagern, aus Menschenhaut hergestellten Lampen und Bergen von Zahngold und Haaren der Opfer einmal bewusst und ohne Pause an, schwankt man ständig zwischen Niedergeschlagenheit, ohnmächtiger Wut und Trauer.

Hier und da hat mit Sicherheit jeder schon einmal einen Ausschnitt dieser Aufnahmen gesehen, aber ohne Ablenkung oder Einbettung in einen filmischen Kontext (wie in „Das Urteil von Nürnberg“ mit Spencer Tracy) wirkt die geballte Perversion des Nazi-Regimes extrem verstörend und schonungslos. Ein Happy-End gibt es hier nicht.

Das Ende des Prozesses ist jedem mit etwas Allgemeinbildung bekannt, wird hier aber auch zum Schluss im Zusammenhang mit jedem einzelnen Angeklagten (und einer kurzen Portrait-Einblendung der Täter nach Vollstreckung des jeweiligen Urteils) verdeutlicht.

Technisch gesehen ist der Film in schwarz-weiß und mono selbstverständlich nicht auf dem aktuellen Stand, jedoch tut das der Wirkung keinen Abbruch, sondern unterstützt eher die Authentizität durch die teilweise schlechte Qualität von Bild und Ton. An einigen Stellen tritt etwas musikalische Begleitung auf, ansonsten gibt es keinerlei film-technischen Überbau.

Fazit
Als ungeschminkte und ungeschönte Dokumentation ist „Der Nürnberger Prozess“jedem zu empfehlen, der sich anhand der Original-Aufnahmen informieren und auf eine filmische Story verzichten will. Die Dokumentation wird mit Sicherheit ein Bestandteil des Deutsch-Unterrichts werden – zumindest sollte sie das.

Ich empfehle zur ersten weiteren Recherche folgende Links: