New Kids Turbo

Verbalinkontinenz und Niveaulimbo

Dabei beginnt alles ganz harmlos … Untermalt von heimeligen Dorfgeräuschen, dem Muhen einer Kuh, Vogelgezwitscher sehen wir einen Schmetterling, der „Forrest-Gump-lebenslustig“ durch Baumkronen und das Bild flattert. Dies verhindert jedoch nicht sein unglückseliges Ende zwischen klatschenden Händen einer der Hauptpersonen dieser mephistophelischen Dramödie.

Scheppernde Eurodance-Klaviersounds eröffnen in einer kurzen, angemessenen Exposition die Orgie der Abwärtsspirale von fünf hoffnungsvollen, aufstrebenden Werktätigen im idyllischen Örtchen Maaskantje: In einer knallharten, bedrückend schonungslosen seriellen Montage verlieren sie ihren Job, Perspektive und nicht zuletzt den Willen, ihren kleinen Beitrag zum funktionierenden Sozialgebilde beizutragen.

Und was sind „New Kids“ jetzt eigentlich? „New Kids“ ist eine holländische Comedyserie, die 2007 mit kurzen Sketchen begann und nach und nach bekannter wurde. Das Prinzip: Eine Schar männlicher Kleinstadtasis proletieren – zumeist mehr oder weniger angetrunken – unter permanenter Verwendung übelster Gossensprache (wahlweise als Beleidigung oder Ehrerbietung eingesetzt) lustig drauflos und ziehen ihre Mitmenschen in ärgste Mitleidenschaft: Brachial, einwandfrei niveaulos, unberechenbar und schonungslos gegen alle Randgruppen und vorsichtshalber auch die, die es noch werden könnten.

Inhaltlich ist „New Kids Turbo“ nicht viel mehr als eine Aneinanderreihung der aus den Webclips teilweise schon bekannten Zoten, die als Fleisch mühsam um das dürre Gerippe der absurden Geschichte darben. Interessant sind der im Verlauf des Films schleichend wachsende filmische Wahnsinn, der in einem totalen Bruch irgendwo in der Mitte endet (kein Spoiler hier). Mit diesem logischen Bruch und der blühenden Phantasie der Hauptdarsteller als einzige Grundlagen driftet die weitere Geschichte derart ab, dass mir nichts mehr bleibt, als „New Kids Turbo“ dem italienischen Neorealismus angelehnte Züge zu attestieren, die sich aus der dezidierten „Gegenbewegung zum etablierten, historischen Kino verstehen und ableiten lassen“ (Quelle: Wikipedia).

Fordern wir nicht alle ein Ende der konventionellen, manierierten Geschichten, die an unser aller Leben vorbei erzählen!? Bitte keine Literaturverfilmungen oder historische Stoffe mehr – wir wollen Menschen in all ihrer Unterschiedlichkeit und Unterschichtlichkeit sehen! Jeder überbietet hierbei den anderen (nur einer sagt nie was – der „Silent Bob“ der Truppe). „New Kids Turbo“ muss man schon gesehen haben, um es zu glauben. Aller Wahnsinn endet irgendwann nach 90 Minuten in einem Shootout, der Sam Peckinpah zur Ehre gereicht hätte – Wild Bunch an der Imbissbude. Und alle liegen sie sich am Ende in den Armen. Respekt.

Fazit
Ich schließe denn meinen Text doch mit einem Filmzitat und den denkwürdigen Worten: „Ich hab kein Geld, Fotze. Und wenn ich welches hätte, würdest du es nicht kriegen, Kackbratze!“