Marvels müder Sturm
Wenn das MCU in die Jahre kommt gekommen ist, dann sieht das wohl so aus: Thunderbolts wirkt, als wolle man mit aller Kraft beweisen, dass auch ein Antihelden-Teamfilm noch irgendetwas erzählen kann – und scheitert dabei am eigenen Übergewicht.
Statt frischem Wind gibt’s abgestandenen Dampf.
Die Geschichte verläuft irgendwo zwischen existenzieller Schwermut und Zitateschlacht. Man reist zum x-ten Mal in den alten Stark Tower (Fanherzen sollen da wohl kurz aufleuchten – meins zumindest, obwohl der Begriff „Fanherz“ auf mich auf nicht mehr zutrifft), trifft auf den Schatten ehemaliger Helden und stolpert durch Dialoge, die wirken, als hätte man sie aus einem schlecht sortierten Writers-Room gezogen – inklusive Anschlussfehlern, abrupten Themenwechseln und Sätzen, die man sich selbst in der Post-Credit-Szene eines Agentenfilms kaum zugetraut hätte.
David Harbour brüllt sich als Red Guardian durch jede Szene, als fürchte er, sonst von der Tonspur gelöscht zu werden – subtil ist hier gar nichts. Florence Pugh hingegen ist das emotionale Rückgrat des Films. Ihre Darstellung von Yelena Belova bringt die notwendige Tiefe, Augenmaß und sogar vereinzelt so etwas wie echtes Drama in einen ansonsten plumpen Plot. Lewis Pullman als Sentry hingegen ist so charismatisch wie feuchter Karton – sein innerer Konflikt bleibt Behauptung, seine Präsenz ein Vakuum. Und während Figuren wie Ghost im Trailer noch interessant wirkten, werden sie hier zu blassem Beiwerk, das bestenfalls dafür da ist, dramaturgisch irgendwas aufzufüllen. Wo kam die gleich noch her?
Wer war eigentlich die Assassine, die nach der Einführung im ersten größeren Zusammentreffen der „Bvengers“ leider direkt sterben muss? Ich vermute, ich habe eine der letzten zwanzig Filme und/oder Serien verpasst, um das einordnen zu können.
Der Humor? Ach ja … kalt. Vieles wirkt wie mühsam eingebaute Comic-Relief-Routine, die sich weder natürlich anfühlt noch originell wäre. Dazu gesellt sich eine Laufzeit, die sich nicht nach epischem Aufbau anfühlt, sondern nach einem dritten Akt, den man einfach nicht zu Ende bringen wollte. Versucht doch mal, unter 100 Minuten zu bleiben!
Fazit
Thunderbolts versucht, bedeutungsvoll zu wirken, driftet aber schnell ins Bemühte ab. Das Resultat ist ein Film, der sich selbst viel zu wichtig nimmt, dabei aber vergisst, gut zu erzählen. Die neuen Helden sind außerdem gar keine. Die können nichts, sind noch nicht mal reich und der Einzige, der im Alleingang die Welt verändern könnte, darf das nicht, weil er seine Dark Side nicht im Griff hat. Der Rest sind zwei weibliche Klopper, Möchtegern-Captain America und ein abgehalfterter Schreihals.
PS: Und was macht eigentlich der Winter Soldier hier? War der noch übrig?